Gender

Nicht nur eine Frage der Gene: Gender & Kommunikation

Als alleiniges Merkmal kann Geschlecht Kommunikationsverhalten nicht erklären kann, doch nimmt es sicherlich Einfluss auf das Kommunikationsverhalten von Personen.
Eine »Frau zu sein« oder ein »Mann zu sein« ist jedoch nicht nur eine Frage der Gene bzw.
der X- und Y-Chromosomen, sondern es ist auch etwas Kulturelles und Sozialisiertes. Das biologische Geschlecht wird als »Sex« bezeichnet, in Abgrenzung zu gesellschaftlich bzw. kulturell geprägten Geschlechtseigenschaften, die als »Gender« bezeichnet werden. So haben sich Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit z.B. über die Zeit hinweg verändert und unterscheiden sich auch in verschiedenen Kulturkreisen. Welche Verhaltensweisen dabei auf Gene und welche Verhaltensweisen auf Sozialisierung zurückzuführen sind, können wir letzt-endlich nicht unterscheiden, da es sich bei jedem Individuum um eine sehr komplexe Interaktion von Anlage und Umwelt handelt.
 

Werden Frauen und Männer, was die Kommunikation betrifft, verschieden sozialisiert?

Im Prozess des Heranwachsens wird ein Kind nicht nur passiv sozialisiert, sondern das Kind ist selbst aktiv in der Identitätsfindung und -ausgestaltung. Und dazu gehört natürlich auch die Entwicklung der eigenen Kommunikation. Sehr wichtig dabei sind Bindungserfahrungen, die sich dann auch auf Beziehungen im Erwachsenenalter auswirken. Sprache und Kommunikation haben und brauchen wir ja, weil wir uns in Beziehungen befinden. Und so befinden wir uns auch immer in Kommunikation und Sprache. Durch die Beziehungserfahrung erleben wir Kommunikation und durchlaufen einen kreativen Aneignungsprozess: Kinder haben Rollen- und Verhaltensvorbilder an denen sie sich orientieren oder von denen sie sich abgrenzen wollen. Und umgekehrt haben auch Erwachsene Erwartungen, Stereotypen und Glaubenssätze wie sich ein Mädchen oder ein Junge verhält bzw. zu verhalten hat. Mädchen werden meist z.B. mehr für verbalsprachliches Handeln und prosoziales Verhalten verstärkt, Jungen meist hingegen mehr für körperliche Aktivität und die Unabhängigkeit betonende Merkmale. Verhalten wird also auch verstärkt oder bestraft.

Jeder kleine Mensch bringt also etwas ganz eigenes durch seine Anlagen mit, was dann in der Interaktion und in den Erfahrungen mit Anderen geformt wird. Durch das Zusammensein erleben und erlernen wir Kommunikation und wir schaffen uns unsere eigene Identität und unser eigenes Rollenbild.

Zusammenfassung: Kommunikationsverhalten lässt sich nicht allein durch das Geschlecht erklären. Außerdem definiert sich Geschlecht nicht nur über biologisches Geschlecht (Sex), sondern auch durch das soziologische Gender. Die Herausbildung von Identität und Kommunikation ist dabei ein sehr komplexer Prozess in dem Anlagefaktoren und Umweltfaktoren interagieren.

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Sind Männer vom Mars und Frauen von der Venus?

Es wird immer wieder die Frage gestellt, ob Frauen und Männer grundsätzlich verschieden kommunizieren? Und falls ja, wo denn dann die Unterschiede liegen und wie sich diese überwinden ließen? Hier lohnt sich ein Blick in die gesellschaftliche und auch wissenschaftliche Entwicklung, um genauer zu verstehen woher diese Vorstellungen kommen. Denn irgendwie erscheint es ja auch plausibel, dass dem so ist. Denn die meisten haben schon irgendwelche Erfahrungen gemacht, die diese Annahme stützen.


Ist Kommunikation vom Geschlecht abhängig?

Geschlecht als alleiniges Merkmal kann Kommunikationsverhalten nicht erklären. Die Annahme dass Frauen und Männer grundsätzlich unterschiedlich kommunizieren, nennt sich Differenzhypothese und war eine Vorstellung die vor allem in den 1980er Jahre vorherrschte. Da gab es Slogans wie »Männer sind vom Mars und Frauen von der Venus«. Die Hypothese zielte darauf ab, dass Kommunikationsverhalten biologisch determiniert sei. Männlichkeit und Weiblichkeit wurden als zwei vollkommen unabhängige Dimensionen gesehen. Damals sind in Untersuchungen ganze Listen von Unterschieden erstellt worden. Heute wissen wir, dass in Summe die Gemeinsamkeiten zwischen den Geschlechtern deutlich häufiger sind als die Unterschiede. Die Genderforschung hat sich hier wesentlich entwickelt und Geschlecht und damit auch kommunikatives Verhalten werden heute nicht mehr in dieser Polarität betrachtet.
 

Häufigkeit von gezeigtem Ausdrucksverhalten

Wesentlich ist dabei kommunikatives Ausdrucksverhalten und das zeigt sich durch drei Ebenen: Sprache, Stimme und Körper. Zur Sprache gehören Dinge wie die Wortwahl, der Satzbau, die Verwendung von Füllwörtern, Floskeln und Weichmachern, aber auch das Sprechen in Bildern. Alles was wir also aufschreiben können. Die Stimme ist dann das, wie es klingt. Hierzu gehören Faktoren wie Resonanz, Lautstärke, Stimmmelodie, Betonungen, Pausen, Sprechtempo und die Stimmlage. Und der Körperausdruck ist dann alles was man sehen kann. Hierzu gehören Mimik, Gestik, Blickkontakt, Bewegungsverhalten und Nähe-Distanz-Verhalten. Mit Sprache, Stimme und Körper können wir unsere Kommunikation also gestalten.

Dabei gibt es kommunikative Verhaltensweisen, die jeweils bei Männern und Frauen häufiger auftauchen. Es ist jedoch sehr wichtig, dass deshalb noch lange nicht dieses Verhalten an sich männlich oder weiblich ist. So zeigen Frauen häufiger Abschwächungen, wie z.B. Frageformen, Weichmacher oder Lächelverhalten, unterstützende Rezipienzsignale, wie Nicken und ein bestätigendes »Mmh«, sowie geringeren Blickkontakt oder geringere Raumnutzung. Männer hingegen zeigen häufiger relativ lautes Sprechen, sie unterbrechen häufiger, halten deutlicher Blickkontakt oder nehmen mehr Raum ein. Es ist wichtig, dass diese Verhaltensweisen aber auch vom jeweils anderen Geschlecht gezeigt werden können. Dieses Verhalten nimmt dann Einfluss auf unsere Wirkung und das sogenannte Turn-taking, das heißt wie der Wechsel zwischen den Sprechern funktioniert.

Man sollte sich jedoch bewusst machen, dass jedes Verhalten situativ ist. So kann ich auch als Frau z.B. im Gespräch mit meinem / meiner Vorgesetzten laut sprechen, deutlichen Blickkontakt zeigen und viel Raum einnehmen - in einer anderen Situation dies aber genau nicht tun. Und durch das Zeigen des Verhaltens wird eine Frau auch nicht gleich »zum Mann«. Umgekehrt können Männer bspw. situativ leiser sprechen und viele bestärkende Rezipienzsignale einsetzen. Es geht um die Angemessenheit des Verhaltens. Und das nehmen wir in der Situation sehr intuitiv wahr.
 

Kommunikation ist durch viele Faktoren geformt

Zusammenfassend kann man also sagen: Kommunikation ist ein extrem komplexes Phänomen, das durch sehr viele Faktoren beeinflusst und geformt wird. Diese Faktoren sind alle personenspezifisch. Biologisches Geschlecht und soziologisches Gender sind nur zwei davon. Kommunikationsverhalten ist in hohem Maße erlernt und ist deshalb unter anderem abhängig von Kultur, Beziehungen und Bindungsverhalten zu Familie und Freunden, Bildung, Rollenverständnis und vielem anderen mehr. Jeder Mensch entwickelt damit eine eigene Kommunikationsbiografie. Darin sind alle Erfahrungen enthalten, die diese Person gemacht hat und das beeinflusst das Verhalten in zukünftigen Situationen. In jeder Situation und mit jeder Person zeigt sich Kommunikation neu. Wenn jemand das Kommunikationsverhalten alleinig durch das biologische Geschlecht erklären möchte, ist dies eine falsche Verkürzung.

 

Zusammenfassung: Kommunikation ist ein komplexes Phänomen, das durch sehr viele Faktoren beeinflusst und geformt wird. Biologisches Geschlecht und soziologisches Gender sind zwei davon. So kann Geschlecht als alleiniges Merkmal Kommunikationsverhalten nicht erklären. Manche kommunikative Verhaltensweisen werden von Männern und Frauen jedoch häufiger gezeigt. Verhalten an sich hat jedoch kein Geschlecht.

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Interview mit der Zeitschrift Cosmopolitan

Foto: Julia Rupprecht

Foto: Julia Rupprecht

Vor einigen Wochen bekam ich einen Anruf von der Journalistin Ina Küper-Reinermann, die für die Zeitschrift Cosmopolitan schreibt. Sie würde mich gerne als Kommunikations-expertin für einen Artikel zum Thema »Beziehungstaubheit« interviewen. In der aktuellen Ausgabe 10/2017 ist der Artikel unter dem Titel »Hör mir zu, Mann!« erschienen. Darin werden ein paar kurze Passagen aus dem Interview mit mir zitiert.

Gerne möchte ich es zum Anlass nehmen hier in meinem Blog nochmals etwas genauer auf das Thema Beziehungskommunikation einzugehen. Denn in der Intimität einer Paarbeziehung liegen so viele Bedürfnisse, Hoffnungen und Erwartungen — und diese zeigen sich ganz besonders in der Kommunikation zwischen den Partnern.

Durch die Fragestellungen der Journalistin ist mir nochmals stärker bewusst geworden, welche Vorstellungen, Wünsche und Ängste, aber auch Stereotype und Mythen über Beziehungs-kommunikation existieren. Ein paar Fragen zum Thema »Beziehungstaubheit« möchte ich deshalb aufgreifen und aus meiner Perspektive dazu Stellung nehmen. Außerdem werde ich in den kommenden Tagen ein paar Artikel zum Thema »Beziehungskommunikation« sowie »Gender und Kommunikation« veröffentlichen.

 

Warum ist es so kränkend, wenn man sich überhört fühlt?

Das Gefühl nicht gehört zu werden, ist ein Gefühl der Zurückweisung. Doch gerade in einer Liebesbeziehung leben wir unsere Bedürfnisse nach Liebe, Anerkennung und Wertschätzung der eigenen Person. In diesem Fall fühle ich mich uns also in meinem innersten Bedürfnissen von meinem Partner nicht wahrgenommen. Doch eine Frage ist: Werde ich überhört oder fühle ich mich so? Jede Person hat da auch eine andere Erwartungshaltung und implizit ein anderes Maß dafür, wann er oder sie sich genügend gehört fühlt. Bedürfnisstrukturen und die Befriedigung von Bedürfnissen sind also bei jedem etwas unterschiedlich ausgeprägt.

Natürlich ist die Erwartungshaltung an den Partner, mit dem man Intimität und Vertrautheit teilt, diese Bedürfnisse zu beantworten recht groß. Deshalb muss jeder immer wieder für sich selbst schauen: Welchen Wert, welche Anerkennung und welche Liebe kann ich mir selbst geben? Was kann und darf ich von meinem Partner erwarten? Wenn ich jedoch bemerke, dass es mich wirklich stört, dass ich mich nicht gehört fühle, kann ich mir zunächst die Frage stellen: Warum stört es mich so sehr? Welches Bedürfnis liegt dahinter? Welche Befürchtung oder Angst liegt dahinter? Wenn ein solches Bedürfnis oder eine solche Angst zum Vorschein tritt, kann es sinnvoll sein, das mit dem Partner zu teilen, um ihm bzw. ihr zu zeigen warum es für mich so wichtig ist. Denn gewisse Bedürfnisse sind in einer Beziehung einfach nicht verhandelbar. Der Rest schon und hier kommt dann Kommunikation ins Spiel.
 

Muss ich akzeptieren, dass ihn manche Dinge schlicht nicht interessieren? Und falls ja, wie gelingt es, dass ich mich trotzdem nicht überhört fühle?

Vielleicht muss ich es nicht nur akzeptieren, vielleicht sollte ich mich sogar darüber freuen. Ich sollte nicht automatisch den Schluss ziehen, dass sich der Partner nicht für mich als Person interessiert, nur weil er sich nicht immer für alle meine Themen interessiert. Aber hier liegt auch großes Potenzial: In einer Beziehung gibt es Themen die man teilt und die man auch gemeinsam gestaltet. Es muss aber auch genauso Themen geben, die nur mein Eigen sind. Es muss sie geben. Sonst erlebe ich mich in ständiger Abhängigkeit von meinem Partner und seiner Bestätigung. Themen wo ich also für mich sein darf, da wo ich eigene Interessen unabhängig vom Partner leben kann. Und es ist auch ein Ort, wo ich für meinen Partner auch wieder neuartig, unbekannt, interessant und überraschend sein kann. Dadurch kann Kommunikation in der Beziehung wieder neu belebt werden. Da wo auch mal ein Geheimnis oder was Unerwartetes ist, kann die Neugierde auf den Anderen Kommunikation neu entfachen.
 

Liebe ist die Feier der Unterschiedlichkeit der Partner

Der Wunsch nach einer funktionierenden Beziehungskommunikation geht dahin, dass beide Partner die Beziehung leben, gestalten und mit Sinn erfüllen. Sinn den beide Partner erleben und spüren. Dieser Sinn ist aber auf keinen Fall als Symbiose zu verstehen, sondern als Erleben einer gemeinsamen Perspektive mit verbindenden Zielen und Wertevorstellungen. Es geht um Intimität, Vertrauen, Leidenschaft und die Entscheidung für einen Partner. Und das wird immer und immer wieder auf’s Neue durch das Sprechen mit dem Anderen erneuert, verhandelt und bekräftigt. Manchmal kann es auch das gemeinsame Schweigen sein. Wenn man so will, ist Liebe die ständige Feier der Unterschiedlichkeit der Partner, die eben auch durch Kommunikation erfahrbar wird. Wenn wir Symbiose und Verschmelzung hätten, dann hätten wir uns nichts mehr zu sagen.

Deshalb ist mein persönlicher Wunsch, dass Menschen so offen und stark in ihrer Kommunikation sind, dass sie situativ angemessen, kongruent in ihrem Gefühl und ihrem Ausdruck und damit authentisch-konstruktiv miteinander sprechen können.

 

Zusammenfassung: In der aktuellen deutschsprachigen Ausgabe der Cosmopolitan (10/2017) ist ein Artikel mit dem Titel »Hör mir zu, Mann!« erschienen. Darin werden ein paar Aussagen aus einem Interview mit mir zitiert. In einer Folge von Artikeln möchte ich zu den Themen »Beziehungskommunikation« sowie »Gender und Kommunikation« Stellung nehmen, um Menschen in einer angemessenen, kongruenten und konstruktiven Kommunikation zu stärken.

P.S.: Vielen Dank an Ina Küper-Reinermann für das Vertrauen sich mit ihren Interview-fragen an mich zu wenden!
 

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