Gesprächsrhetorik

Klärung durch aktives Zuhören

Stellen Sie sich vor ein guter Freund, eine Freundin oder ein Familienmitglied sucht Sie auf, um eine unklare, schwierige oder herausfordernde Situation zu besprechen. Es kommt immer wieder vor, dass wir bei beruflichen oder privaten Fragestellungen zu Rate gezogen werden. Doch neigen wir all zu schnell dazu Ratschläge zu geben, zu bewerten, zu interpretieren, zu beurteilen oder gar zu beschwichtigen, zu entschuldigen oder anzugreifen. Doch das hemmt häufig den Gesprächsfluss. Es kann auch dazu führen, dass sich unser Gegenüber nicht verstanden fühlt.
 

Die Kraft des aktiven Zuhörens

Worin eine immense Kraft liegt, ist das konzentrierte und aktive Zuhören. Beim aktiven Zuhören wird nicht nur darauf geachtet, was die Gesprächspartnerin bzw. der Gesprächspartner sagt, sondern auch wie die oder der andere spricht und sich verhält. Die Methode wurde von Carl Rogers, dem Begründer der personenzentrierten Gesprächspsychotherapie, entwickelt. Dabei ist das aktive Zuhören voll und ganz auf die Person gerichtet, die spricht — die eigenen Meinungen der zuhörenden Person stehen im Hintergrund. Die zuhörende Person zeigt also Zuwendung, Aufmerksamkeit und Einfühlung. Die Gesprächspartnerin bzw. der Gesprächspartner kann daraufhin von selbst die Perspektive wechseln und mitteilen, worauf es ihr bzw. ihm wirklich ankommt.

Aktives Zuhören besteht aus folgenden Komponenten:

Quelle: eigene Darstellung

Quelle: eigene Darstellung


Zusammenfassung: Das Aktive Zuhören kann zu einem echten Verstehen des Gegenübers führen und die Beziehungsebene sichern. Es besteht aus dem Zuwenden, Zurückhalten, Nachfragen, Paraphrasieren und Verbalisieren / Deuten. Das Gegenüber lernt sich dabei selbst zu verstehen, da man durch das aktive Zuhören und Paraphrasieren immer wieder versucht komplexe Sachverhalte in eigene Worte zu fassen. Diese Haltung des akzeptierenden, empathischen Zuhörens kann zu einem Klärungsprozess beim Gesprächspartner bzw. der Gesprächspartnerin führen.

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Hier noch ein kleiner Ausschnitt aus «Momo» von Michael Ende, der genau beschreibt, welche Kraft das Zuhören hat:

«Was die kleine Momo konnte wie kein anderer, das war das Zuhören.
Das ist doch nichts Besonderes, wird nun vielleicht mancher Leser sagen, zuhören kann doch jeder. Aber das ist ein Irrtum. Wirklich zuhören können nur recht wenige Menschen. Und so wie Momo sich aufs Zuhören verstand, war es ganz und gar einmalig.

Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanken kamen. Nicht etwa, weil sie etwas sagte oder fragte, was den anderen auf solche Gedanken brachte – nein, sie saß nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und aller Anteilnahme.
Dabei schaute sie den anderen mit ihren großen, dunklen Augen an, und der Betreffende fühlte, wie in ihm plötzlich Gedanken auftauchten, von denen er nie geahnt hatte, dass sie in ihm steckten.
Sie konnte so zuhören, dass ratlose, unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten. Oder dass Schüchterne sich plötzlich frei und mutig fühlten. Oder dass Unglückliche und Bedrückte zuversichtlich und froh wurden.

Und wenn jemand meinte, sein Leben sei ganz verfehlt und bedeutungslos und er selbst nur irgendeiner unter Millionen, einer, auf denen es überhaupt nicht ankommt, und er ebenso schnell ersetzt werden kann wie ein kaputter Topf – und er ging hin und erzählte das alles der kleinen Momo, dann wurde ihm, noch während er redete, auf geheimnisvolle Weise klar, dass er sich gründlich irrte, dass es ihn, genauso wie er war, unter allen Menschen nur ein einziges Mal gab und dass er deshalb auf seine besondere Weise für die Welt wichtig war.

So konnte Momo zuhören!»

Aus: Ende Michael (1973): Momo. Stuttgart: Thienemann Verlag.

Hallo? Wer ist am Apparat?

Bild: Julia Rupprecht

Bild: Julia Rupprecht

Die Kommunikation über das Telefon unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von einer direkten Face-to-face Kommunikation: Beim Telefonieren bleiben mimische und gestische Signale unsichtbar. Diese sind jedoch für die Gesprächssteuerung und die gegenseitige Einschätzung sehr wichtig. Zudem gibt es noch eine technische Besonderheit beim Telefonieren: So wird nur ein sehr eingeschränkter Bereich unserer Stimmfrequenzen übertragen. Das übertragene Frequenzband ist nämlich auf einen Bereich von etwa 3,1-3,3kHz begrenzt. Das bedeutet dass viele Klangnuancen unserer Stimme nur eingeschränkt übertragen werden. Aus diesen beiden Gründen ist eine verständliche Ausdrucksweise am Telefon besonders wichtig.
 

In der Ratgeberliteratur finden sich unzählige Tipps und Tricks. Ich habe fünf Aspekte herausgegriffen, die ich für das Gelingen von Telefongesprächen als besonders wichtig erachte. Diese betreffen sowohl die Gesprächsführung, als auch die Stimme:

  1. Achten Sie auf eine deutliche Artikulation: Eine deutliche Artikulation steigert die Verständlichkeit und fördert die Resonanz bei Telefongesprächen.

  2. Machen Sie häufiger und längere Pausen: Pausen geben dem Gegenüber Zeit zum Verstehen, und Erleichtern den Sprecherwechsel am Telefon.

  3. Fragen Sie gezielt nach: Da Sie keine mimischen und gestischen Zeichen zum Verstehen haben, empfiehlt es sich, gezielt nachzufragen, was das Gegenüber verstanden hat.

  4. Formulieren Sie, was Sie verstanden haben: Auch durch Paraphrasieren kann das Verständnis gesichert werden, da ebenfalls keine nonverbalen Information dabei helfen.

  5. Echtes Lächeln: Lächeln kann am Telefon gehört werden. Aber nur ein echtes Lächeln! Es ist nachgewiesen, dass ein aufgesetztes Lächeln als solches vom Zuhörer erkannt wird. Verstellen Sie sich deshalb nicht, sondern begegnen Sie Ihrem Gesprächspartner mit aufrichtiger und echter Freundlichkeit.

Zusammenfassung: Telefonkommunikation ist eine große sprecherische Herausforderung. Durch das Telefon fallen wichtige mimische und gestische Informationen weg. Außerdem wird nur ein Teil der Stimmfrequenzen übertragen. Telefonate können deshalb durch eine gute Gesprächsführung und durch stimmliche Ausdrucksstärke gut gelingen.

https://www.julia-training.com/stimmtraining

Mit dem kommunikativen Vorschlaghammer

Das Entwickeln innovativer Ideen in Teams braucht vor allem eine innovationsfreundliche Kommunikationskultur. Hier liegt eine wichtige Fähigkeit von Teams, um von der Ideenfindung auch zur Umsetzung zu kommen.
David Bohm entwickelte das Konzept des Bohm‘schen Dialogs in dem er unter anderem unproduktive Gesprächshaltungen beschreibt. Diese Haltungen verhindern, dass sich eine innovative Idee im Team entwickeln kann. Von Hartkemeyer wurden diese Erkenntnisse in
10 innovationsfeindliche Gesprächshaltungen zusammengeführt.

Kommt Ihnen etwas davon bekannt vor? Waren Sie in einer Ihrer letzten Besprechungen mit solchen Haltungen konfrontiert?

  • Mit Wissen beeindrucken

  • Den Anderen keinesfalls ernst nehmen

  • Unpersönlich und abstrakt bleiben

  • Ins Wort fallen und unterbrechen

  • Sich mit der eigenen Meinung voll identifizieren

  • Das Gegenüber durch Fragen verunsichern

  • Die eigene Meinung kompromisslos durchsetzen

  • Sich abschotten und abgrenzen

  • Schnell sein

  • Sich selbst nicht in Frage stellen

Vielleicht kommt Ihnen eine pfiffige Idee, wie Sie reagieren könnten, wenn andere so in der Gruppe agieren.
... aber da fragt man sich schon: In welcher innovationsfeindlichen Gesprächshaltung bin ich selbst besonders gut? Genau hinschauen lohnt sich. Selbsterkenntnis ist bekanntlich der erste Weg zur Besserung.